weniger stimmen. Gedichte
edition Selene, Wien, 2004
mit einer CD von Kunst oder Unfall

Lyrics for Unheard Songs

Augusta Laar ist die Lyrikerin, die ich mir immer gewünscht habe. Schreibt deutsche LYRICS statt Gedichte. Und dabei ist es nichtmal Pop, was sie bedient, obwohl sie viele Male mit Musikern kooperiert hat und kooperiert, darunter Nick Cave, Curd Duca und ihr Mann, Kalle Laar. Dennoch: Augusta Laar schreibt primär Lyrics for Unheard Songs, musikalische Dichtung, die zunächst keine Leier nötig hat (keinen Flügel, keine Stromgitarre, keinen Moog).

Wer diese Texte liest, hört wie durch ein Wunder alles andere mit, manchmal das Donnern einer Rockband, manchmal die Hammondorgel eines Pornofilms, manchmal den Nachhall einer fortgefahrenen UBahn, oft das Klirren von Eis, zuweilen den Sound, mit dem sich Wunden wieder öffnen.

Immer dröhnt die Gegenwart hinter diesen fragilen Wortgerippen, aber niemals raschelt irgendwo Papier. Augusta Laar ist in ihrer dichterischen Arbeit so etwas wie ein vollkommen leeres Gefäß, in das sich nichts senkt außer die Zeit, oder ein ganz und gar kahler Baum, um den alles, der Weltsturm braust. Wenn der sich gelegt hat, hängen an den Ästen die Gedichte von Frau Laar, allen gehörende globale Formeln mit höchstpersönlichen Hilferufen und Geständnissen zu etwas ebenso leichtem wie schneidend scharfem legiert, und davon such ich mir dann eins aus und les es und nehm es mit als Schutzmantra gegen alles Blöde und Böse da draußen.


Ernst Molden


ISBN 3852662303, signiert, € 18,60
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