Münchner Merkur, 28. 10. 2004

Ich schaue zu, wie es sich entfaltet
Dichterin, Fotografin, Klavierspielerin, Objektkünstlerin: Augusta Laar hat viele Talente

Augusta Laar aus Krailling ist eine Musikerin, die Gedichte schreibt. Eine Dichterin, die fotografiert. Eine Fotografin, die Objekte und Installationen aus Barbiepuppen oder Madonnenfiguren ausstellt. Eine Objektkünstlerin, die an einer Oper arbeitet.

Vielleicht ist der ganze kreative Akt ein Glaubensakt, sagt Augusta Laar. Ich denke nicht, dass ich so wichtig bin und dies und jenes unbedingt machen muss. Es ist eher so, ich mache was, eine Initialzündung, und dann schaue ich zu, was passiert, wie es sich entfaltet oder aus sich herausgeht. Die Halbschweizerin Augusta Laar wurde 1955 geboren und ist in Deutschland aufgewachsen, nach einem Klavierstudium am Richard-Strauss-Konservatorium in München lebt und arbeitet sie heute in Krailling.

Soeben ist ihr erster Gedichtband "weniger stimmen" (Edition Selene, Wien) erschienen, zuvor veröffentlichte sie in verschiedenen Zeitschriften und anderen Medien. Sie begann zu schreiben, nachdem ihre Tochter vor zwölf Jahren starb. Ich habe mir das Dichten selbst beigebracht, sagt sie, denn nichts aus dem bisherigen Leben war nach dem Tod des Kindes weiter tragbar, die klassische Musikausbildung und das Klavierspiel ein zu enger Rahmen, um den Schmerz. auszudrücken.

1995 rief sie das interaktive Kunst-Projekt "Madonna sagt..." ins Leben, bei dem Künstler und Nichtkünstler von ihr versandte Postkarten bearbeiten oder beantworten (www.poeticarts.de). Später entstanden erste Fotoarbeiten, zunächst als Dokumentation für die Entstehung der Gedichte, dann als eigenständige Projekte, für die sie auch ausgezeichnet wurde. Seither entwickelt Augusta Laar verschiedene Crossover-Projekte wie die Zusammenarbeit mit ihrem Mann Kalle Laar bei "Kunst oder Unfall".

In ihren Gedichten und Texten lässt Augusta Laar sich nicht von Sprachbarrieren eingrenzen, sie schreibt auf deutsch und englisch, vermischt mit Fragmenten anderer Sprachen. Manchmal träume ich in Sprachen, die ich nicht einordnen kann. Es gehe in ihren Texten weniger um das, was sie selbst erreichen möchte, als um das, was die Sprache möchte: Sie geht so ihre eigenen Wege und ich mache mit, wenn ich wach bin und wundere mich manchmal, was dabei rauskommt.

In diesem Winter ist Augusta Laar im Kraillinger Rathaus mit "Schriften Zeichen Chiffren" vertreten. Parallel dazu hat sie zwei Ausstellungen in der Rosenheimer Kunstmühle.

 

Morgen Abend: "Kunst oder Unfall"

Mit ihrem Mann, dem Klangkünstler Kalle Laar, hat Augusta Laar das Duo "Kunst oder Unfall" ins Leben gerufen Kalle Laar arbeitet für verschiedene Theater-  und Hörspielproduktionen, er ist Mitbegründer und künstlerischer Leiter des "Temporären Klangmuseums" in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus.
Die aktuelle Performance von "Kunst oder Unfall" basiert aus den Texten aus "weniger Stimmen" und der beiliegenden CD. Es wird jedoch immer wieder variiert und neu strukturiert. Texte werden gelesen, die Stimme als Klang verändert oder wiederholt, Musik, Live-Kompositionen. und. Klangskulpturen Installation und Video greifen ineinander, gehen ineinander über und formen wieder neue Schwerpunkte. Als ideales Laboratorium für das Projekt hat das Ehepaar das Cafe im Gautinger Schloss Fußberg gefunden, wo sie einmal monatlich mit stets neuen Themen auftreten. Der nächste Auftritt findet am morgigen Freitag, 21 Uhr, unter dem Titel "Vienna Grace" statt. Weitere Auftritte jeweils am letzten Freitag des Monats.

von Katja Sebald